Montag, 16. Januar 2012

Mendes Reise geht weiter

Mende arbeitete im gesamten acht Jahre für Rahab, bis Rahab sie an ihre Schwester in London "verschenkte". Obwohl Mende Rahab verabscheute, brach eine Welt für sie zusammen. In diesen acht Jahren lernte Mende Tricks wie sie ihre Schläge minimieren konnte, wusste genau was sie jeden Tag erwarten würde und wie sie ihre Tage so angenehm, wie es in ihrer Situation sein kann, überstehen konnte. Ausserdem baute sie immer ein engeres Verhältnis zu Rahabs Kindern auf. Mit der Verkündung, dass Mende nach London gehen müsse verlor sie auch noch das letzte kleine Gefühl der Sicherheit. Ausserdem wurde ihr schlagartig klar welche Stellung sie in der Familie einnahm. Sie war nicht mehr als ein Gegenstand, den man ohne weiteres weitergeben konnte und ersetzt werden konnte.
Rahab ersetzte Mende durch ein 11 Jahre altes Mädchen. Als sie an Mendes letztem Tag in Rahabs Haus einzog, waren die Spuren der vergangenen Strapazen noch deutlich zu sehen. Ihre Geschichte ist der Mendes sehr ähnlich. All die verdrängten Erinnerungen an den Überfall überkamen sie wieder. Sie wünschte sich nichts mehr als ein kleines bisschen Sicherheit und die Aussicht auf ein unbekanntes Land,  mit unbekannten Leuten machte ihr sehr viel Angst.

Auch diese Reise brachte viele Veränderungen in Mendes Leben. London unterscheidet sich doch sehr vom Sudan. Hier unten ihr Start- und Enddestination im Vergleich zeigen grosse Unterschiede.


Khartoum

London


Ich kann mir vorstellen, dass Mende nach acht Jahren sich wenigsten ein wenig Zuhause gefühlt hat, auch wenn die Zustände unmenschlich waren. Ich glaube wenn man als 12 jähriges Kind von allem was man kennt und liebt getrennt wird, versucht man an allem festzuhalten was einem das Gefühl von Sicherheit gibt. Wie oben erwähnt hatte Mende ein gutes Verhältnis zu den Kindern. Auch wenn sie Ihr Dienstmädchen war, war es die einzige Art von Zuneigung und Liebe die sie kriegte. Es dauerte Jahre bis sie die Kinder nur schon berühren durfte. Ich glaube auch der letzte Funke von Liebe zu verlieren war sehr hart für Mende. Auch wusste sie, dass umso weiter weg sie von den Nubabergen war, desto unwahrscheinlicher wurde es, dass sie ihre Familie wieder sehen würde.

Die Reise nach London und die folgenden Kapitel sind in einem eigenen Teil beschrieben mit dem Titel: Reise in die Freiheit. Ich hoffe sehr, dass ich endlich wieder einmal etwas positives lesen darf. Die schauerlichen Geschichten über die letzten 200 Seiten haben mich teils mitgenommen und beschäftigt. Ich bewundere Mende sehr für ihre Kraft, sich immer wieder Mut und Hoffnung zu machen und wäre froh, wenn ich keine genaue Beschreibungen ihrer Qualen lesen müsste. Normalerweise könnte man sagen: "Es ist ja nur ein Buch", jedoch in diesem Falle entspricht alles der Wahrheit. Deshalb bin ich jetzt gespannt und freue mich auf eine erfreuliche Wendung der Geschichte.

Hier noch einmal die selbst gemachte Karte von Mendes Reise mit Ergänzungen.http://g.co/maps/2jbv6

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